2017-05-22
ავტორი : Nestan Tataraschwili
Das architektonische Erbe der deutschen Siedler

ie ersten deutschen Siedler kamen 1817 auf Einladung des russischen Reiches nach Georgien. Sie waren Württemberger und sie gründeten Siedlungen: in Unterkartli, Suchumi, in der Umgebung von Tbilissi und auf dem Territorium des heutigen Aserbaidschan (Annenfeld /heute Shamkir/ und Helenendorf/heute Göygöl/).

Nach einer Emigrationswelle nach Nordamerika und Russland im 18. Jahrhundert emigrierten Deutsche im 19. Jahrhundert auch in den Kaukasus. Bedingt war die Auswanderung durch eine Reihe von politischen, wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Problemen in Deutschland aber auch durch das Einwanderungsmanifest der Russischen Zarin Katharina II von 1763, das den europäischen Siedlern große Privilegien garantierte, um die Besiedelung und den wirtschaftlichen Aufschwung des Reiches zu fördern. Eine entscheidende Rolle spielte auch die schwierige Lage in Württemberg, das durch die langen Kriegsjahre und die dürre Ernten verarmt war. Die Bevölkerung litt Hunger und musste hohe Steuern zahlen. Am 21. September 1817 trafen 31 schwäbische Familien in Georgien ein. Sie wurden in der Umgebung von Sartitschala angesiedelt und nannten ihre Siedlung Marienfeld. Die nächste Siedlergruppe mit 500 Familien kam 1818 nach Georgien. 1819 existierten in Georgien bereits sechs deutsche Siedlungen: Marienfeld, Neu-Tiflis, Alexanderdorf(der Stadtteil Didube in Tbilisi), Katarinenfeld (Bolnisi), Elisabethtal (Asureti), Petersdorf (am Fluss Iori). 1842 wurde bei Abastumani die Siedlung „Freudental“ gegründet, die 1848 in die Umgebung von Sartichala verlegt wurde. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstehen Tochtersiedlungen: 1857 Alexanderhilf, 1892 Blumental. 1884 entstehen in Abchasien drei deutsche Siedlungen – Gradenberg, Neudorf und Lindau; 1908 entsteht Traubenberg.

Deutsche Siedlungen in Georgien

Gleich nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden 23.580 Deutsche auf Befehl Stalins nach Kasachstan und Sibirien zwangsumgesiedelt. Nach den Repressionen schaffte es nur eine kleine Gruppe der Deutschen, nach Georgien zurückzukehren. Sie gründeten 1956 im Bezirk Gardabani die Siedlung Neu-Botanika. Die deutschen Siedlungen oder ihre Spuren sind bis heute erhalten. Sie sind ein unabdingbares kulturelles Erbe für das multikulturelle und multiethnische Georgien.

Der Verein zur Bewahrung deutschen Kulturguts im Südkaukasus erforschte in den Jahren 2015 und 2016 mit finanzieller Unterstützung der georgischen Agentur für Kulturerbe das architektonische Erbe der deutschen Siedler in Georgien seit 1817. Dabei wurden 23 deutsche Siedlungen mit authentischen Bauten identifiziert und Karten angelegt, auf denen die genauen geographischen Koordinaten der deutschen Siedlungen und Gebäude eingetragen sind. Von den 1200 identifizierten Nutzbauten wurden für 410 Objekte Feld-und Inventarkarten erstellt. Für 19 Objekte wurde ein Gebäudeausweis ausgestellt und 37 davon als Kulturerbe anerkannt. Die Spezialisten führten wissenschaftlich-bibliographische Forschungen in den Archiven durch. Für die sechs wichtigsten Siedlungen untersuchten sie mit Hilfe spezieller historisch-kultureller Methoden die urbane Substanz und erstellten thematische Karten dazu.

Inventarisationskarte - Kulturerbe in Bolnisi (Katharinenfeld)

Außer den deutschen Siedlungen ist das industrielle Erbe des deutschen Unternehmers Alexander von Kuchenbach beachtenswert: seine Fabrik für Milchprodukte mit anliegendem Wohnkomplex, Schule und Gebetshaus, öffentlichem Park und Friedhof im Dorf Mtisdsiri, der Munizipalität Dmanisi und sein Wohnhaus im Dorf Tklispiri. Deutsche Wohnhäuser sind auch in der Jakob-Zurtaweli-Straße und der Straße des 9. April in Dmanisi erhalten.


Munizipalitaet von Tsalka, Dorf Trialeti (ehem. Alexandershilf)

Die deutschen Wohnhäuser der deutschen Siedler der späten Periode zeichnet außer traditionellen deutschen Baudetails, wie dem hohen Dachboden und tiefen Keller auch eine organische Verschmelzung mit lokalen architektonischen Elementen aus. Sie bestehen in der Bauweise des sogenannten „Tifliser Hauses“, das seit 1840 ein ausgezeichnetes Exempel für eine Synthese europäischer und georgischer Bauelemente war und der deutschen Architektur ein lokales Flair verlieh.


Bolnisi (ehem. Katharinenfeld)

Den größten Teil des Architekturerbes der deutschen Siedler bilden die ehemaligen Wohnhäuser der Neusiedler, aber auch viele Wirtschafts- und infrastrukturelle Bauten, die noch erhalten sind. Nennenswert sind auch die lutherisch-evangelischen Kirchen in Asureti, Bolnisi und Trialeti, sowie die öffentlichen Parkanlagen.

Assureti (Elisabeththal) Evangelisch-lutheranische Kirche ( 1871 )

Die Bewahrung und Pflege des vielfältigen architektonischen und urbanen Erbes der deutschen Siedler ist für beide Länder, Georgien und Deutschland, sehr wichtig. Der gemeinsame materiell-kulturelle Reichtum ist dem größten Teil der Gesellschaft noch unbekannt. Deshalb sollte das Erbe der deutschen Siedler in Georgien sehr bald bekannt gemacht werden, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene.


Munizipalitaet von Tsalka, Dorf Trialeti (ehem. Alexandershilf)


Nestan Tataraschwili

Architektin und Restauratorin

Verein zur Bewahrung deutschen Kulturguts im Südkaukasus


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