Buchholz ist eine kleine Stadt im Westen Deutschlands. Die Mehrzahl der ca. 50 000 Einwohner heissen Buchholzer mit dem Nachnamen. Die Stadt ist mit Ziegelsteinhäusern bebaut, die mit Ziegeln überdacht sind. 1894 kam Alexander Buchholzer über Russland nach Georgien. Zuerst verweilte er ein paar Jahre in Kutaisi, später landete er in Batumi.
“Buch” bedeutet zwar das Buch und “Holz” das Holz, der Name wird aber aus dem Deutschen wie “Schöpfer” übersetzt.
Nicht mit Unrecht und das werden wir bald sehen. Es waren die Zeiten, als sehr viele Menschen aus der ganzen Welt nach Batumi kamen, um Geld zu verdienen: große und kleine Wirte, mit Regalien oder ohne. Aber nicht Alexander – der 14-jährige Junge wollte zum Grab Christi nach Jerusalem reisen. Dank des deutsch-russischen Lautkonflikts haben die Russen den Namen von Alexander geändert und ihn Buchgalzer genannt.
Er kam nach Batumi und blieb dort.
Tag täglich wollte er nach Jerusalem weiter, schaffte es aber nicht.
Er hat die Schmiedkunst gelernt. Sein deutscher Charakter half ihm dabei. Mittlerweile war er erwachsen und baute sich selbst ein hölzernes Haus mit Dachziegeln in der heutigen Besiki-, damals Grimov-Strasse. Der Sumpf dort war bald nach dem berühmten Projekt von Zhilinski ausgetrocknet und Alexander war einer der ersten, der sich in dieser Gegend ansiedelte. Ein hiesiges Mädchen – Olga Sanadze gefiel ihm. Auch Olga, mutterlicherseits Dadiani hatte gegen ihn nichts auszusetzen. Alexander war orthodoxer Christ, Olga auch. Sie wurden 1909 in der Erzengel Michaelskirche getraut. Die Kirche, die es heute nicht mehr gibt, stand früher am Anfang der heutigen Abaschidze-Strasse auf dem Freiheitsplatz, wo jetzt das erste 12-stöckige Haus steht.
Aus unerklärlichen Gründen schenke er seiner Ehefrau zur Hochzeit einen selbst gemachten Axt mit dem eingravierten Hochzeitsdatum.
In der Puschkin-Strasse eröffnete er seine Schmiederei. Er fertigte Lehnen, Balkone, Türe und Tore an. Bald wurde er in der ganzen Stadt so berühmt, dass andere Handwerker seinen Namen angaben. Ihm war der Name egal.
Wohlhabend wurde er. Nur zwei-drei Autos gab es damals in der Stadt, eins davon gehörte ihm.Inzwischen hatte er fünf Kinder. Drei Söhne und zwei Töchter. Dann kamen die Kommunisten und eröffneten mechanisches Werk in seiner Werkstatt. Alexander Buchgalzer wurde zum Arbeiter in seiner eigener Fabrik, genauer gesagt, zum Modelmacher. Das trug man in seine Karte ein. Und auch, daß er ethnischer Russe sei und keine Fremdsprache spreche.
Sie waren nicht von den Repressionen betroffen, weder erschossen noch aufgehängt, auch nicht vor dem Krieg aus der Sowjetunion deportiert worden, ungleich von vielen anderen Deutschen.
Die Gründe dafür kennen wir nicht. Wir wissen nur, daß ein Sohn von Alexander – Petre mit Soso Jughaschwili befreundet waren. Wir wissen aber nicht, wo sich die beiden begegnet waren. Petre interessierte sich nicht für revolutionäre Ideen, wie alle anderen Buchholzer auch.
Hallo Peta!
Mein Telegramm hat Dich offensichtlich nicht erreicht. Ich schicke Dir 2000 Rubel. Mehr habe ich nicht. Das ist mein Honorar. Allgemein bekommen wir hier keine Honorare – nur in Ausnahmefällen manchmal. Deine Not ist für mich ein Ausnahmezustand, deswegen nahm ich das Honorar, um damit Dir zu helfen. Außerdem werde ich Dir 3000 Rubel leihen. Davon erzählte ich Beria (dem Bezirkssekräter des südlichen Kaukasus), er versprach mir, das unbedingt zu vollziehen. Also: 2000 Rubel ist meine freundliche Gabe an Dich und 3000 – eine Leihgabe.
Leb lange!
Dein Soso.
7/XII 33
Das interessanteste an diesem Brief ist die Tatsache, dass man die Person von Beria erklären muss. Das macht aber nichts, es ist erst das Jahr 1933, er wird sich bald bekannt machen.
Dann begann der Krieg und die Kinder gingen in den Krieg. Alexander schmiedete Eisen und wartete auf seine Söhne. Der jüngste Sohn Konstantin Buchgolzer fiel im Krieg gegen die Deutsche. Nach dem Krieg wurde ein Pilot-Bruder Valodia Buchgalzer zum stellvertretenden Luftfahrtminister. Zu diesem Augenblick heißen sie weder Buchholzer noch Buchgalzer mehr. Der Name störte Vladimir bei seiner Kariere und so nahm die ganze Familie bis auf Alexander den Namen der Mutter an. Damals konnte niemand ahnen, dass ein halbes Jahrzehnt und Welttragödien vergehen würden, bis die Buchholzer zu ihrem ursprünglichen Namen wieder zurückkehren hätten dürfen.
Michael erbte das Talent seines Vaters. Auch er arbeitete im mechanischen Werk in der Puschkin-Straße. Menschen warteten in Schlangen auf seine Öfen mit Verzierungen. Moskau übergab ihm den Leninorden, was damals nicht zu unterschätzen war.
In den 60-er Jahren fertigte er eine Antenne an. Zwar konnte sie nicht bis Deutschland reichen, türkische Sendungen konnte sie jedoch empfangen. Sofort kamen aus der Behörde. Die Partei weiß besser, welche geistige Futter du brauchst und was du im Fernsehen sehen sollst. Warum dann doch in die Fenster der Nachbarn schauen?
Inzwischen wurde Alexander alt.
Der Sumpfviertel wuchs. Das Haus, das einst auf dem Feld stand, war kaum noch zu sehen. Eisen konnte er nicht mehr wie früher schmieden. Er konnte weder sehen, war noch stark genug. Er ging mit seinem weißen Bart spazieren und erkannte seine Arbeiten in den Straßen und Höfen.
Sein ganzes Leben wollte er nach Jerusalem und schaffte es doch nicht.
Er wollte in die Rente gehen und man erlaubte es ihm nicht.
Alexander Buchholzer starb 1954 im Alter von 74 Jahren.
Davor war er kurz krank.
Er hinterließ Tore und Balkone mit fremden Namen. Kinder und Enkelkinder mit georgischen Nachnamen. Ein Holzhaus mit Dachziegeln nach deutschem Stil.
Er wurde in Souksu begraben, obwohl es damals schon einen deutschen Friedhof gab.
Erste Veröffentlichung in der Zeitschrift "Batumelebi"